24 Nov Die Gewichtheber des SV 90 Gräfenroda verbreitern ihre Nachwuchsbasis…

Auch Flüchtlingskinder gehören dazu

 

Gräfenroda  – Julia Perlt, Gräfenrodas großes Gewichtheber-Talent bei den Mädchen, ist an diesem Abend mit in der Sporthalle „Wolfstal“ dabei, um Übungsleiterin Martina Holtmann beim Training der neu aufgebauten Bambino-Sportgruppe des SV 90 ein bisschen zu unterstützen und findet: „Es ist ganz praktisch, dass ich Russisch als zweite Fremdsprache gewählt habe.“ Mit einigen der 15 Knirpsen, die seit Schuljahresbeginn unter dem Dach der Abteilung Gewichtheben mehrmals wöchentlich allgemeinen Sport treiben lässt sich nämlich vorerst nur auf russisch reden: Es sind Kinder aus zwei Familien, die vor dem Tschetschenien-Krieg nach Deutschland geflohen sind und jetzt in Frankenhain wohnen.

„Sie lernen schnell“

Dass man ausgerechnet die russische Sprache braucht, um sich mit Flüchtlingen zu verständigen zeigt einmal mehr, wie wenig gerade bei diesem Thema irgendwelche Klischees funktionieren.  Wobei: „Die verstehen auch so, was man ihnen vermitteln will. Sie lernen unheimlich schnell“, findet auch André Pfeuffer, Stützpunkttrainer des Thüringer Athleten-Verbandes, der hier eigentlich   Bundeskaderathlet Philipp Griebel betreut und, während der seine Erwärmungsrunden dreht, mit auf die Technikübungen schaut, denen sich nebenan im Kraftraum die älteren Gräfenrodaer Jugendlichen widmen. Und die Übungen der 15-jährigen Chava im Reißen sehen schon bemerkenswert sauber aus …

René Holtmann, Trainer und Chef der Abteilung Gewichtheben beim SV 90 Gräfenroda, hat zwar beruflich mit dem Thema Flüchtlingen zu tun und so ist es kein Wunder, dass er inzwischen sechs Flüchtlingskinder im Alter von vier bis 17 Jahren in sein Training integriert hat. Er legt aber großen Wert darauf, dass diese Kinder mit zum Projekt der Bambino-Sportgruppe gehören, die seine Abteilung Gewichtheben seit Schuljahresbeginn ins Leben gerufen hat. Es sind etwa 15 Kinder insgesamt im Alter von vier bis acht Jahren.

Mit Gewichtheben beschäftigen sie sich natürlich noch nicht, das geht in diesem Alter auch gar nicht. Vielmehr geht es um allgemeinen Sport und die erste Annäherung an die Athletik-Disziplinen wie Schlussdreisprung oder Ballschocken, die später bei den Wettkämpfen der Kinder und Jugendlichen eine wichtige Rolle spielen werden. „Wir können aber nicht warten, bis die Kinder neun, zehn Jahre alt geworden sind“, erklärt René Holtmann. „Wenn wir sie erst dann ansprechen und für uns begeistern wollten wären sie fast alle schon von den anderen Sportarten weggeholt.“ In der Region um Gräfenroda sowieso, in der es eine riesige Bandbreite verschiedener Sportarten in einer Dichte gibt, wie man sie selten in vergleichbar großen Kommunen findet: Über Biathlon und Skilanglauf über Fußball und Tischtennis bis hin zum Fahrradtrial. Und natürlich Gewichtheben.

Dass man sich gerade in diesem Sport früh nach Nachwuchs umschauen muss hat man auch anderswo begriffen. „Der ASV Herbsleben im Thüringer Becken hat eine ähnliche  Gruppe ausgebaut“, erzählt René Holtmann. „Wenn dieser Verein am 12. Dezember den Thüringenpokal ausrichtet wollen wir mal versuchen, dort dann auch einen ersten kleineren Wettkampf für unsere Kids mit anzubieten.“ Eine weitere Schiene   baut der SV 90 Gräfenroda derzeit in Erfurt auf, wo Zweitliga-Heber Marko Meiselbach als Landeskader sein Training betreibt und in den Räumen des Schwerathletik Vereins Erfurt  eine Jugendgruppe aufbaut.

Um Platz und Material

Bei 70 Mitgliedern in der Abteilung Gewichtheben des SV 90 sind es knapp 50 Nachwuchssportler, von den Bambinos bis zu den Jugendlichen, die derzeit in Gräfenroda trainieren. „Innerhalb eines Jahres sind 20 Sportler dazu gekommen – und wenn wir mehr Platz hätten …“, so René Holtmann. Wichtiger freilich wäre momentan, das Arsenal an nötigen Sportgeräten und sonstiger Ausrüstung zu erweitern. „Auch hier stoßen wir mittlerweile an unsere Grenzen.“ Dem Manne sollte doch geholfen werden können!