23 Nov Bilder – Bundestag 2021

Impressionen vom Bundestag 2021. Wir bedanken uns bei Julia Spieß, für die tollen Bilder.

BVDG-Präsident Florian Sperl berichtet auf dem Bundestag über die großen Herausforderungen

„2021 ist das entscheidendste Jahr für unsere Sportart“

Leimen. Herausforderungen annehmen, Dinge anpacken, im Team die Zukunft gestalten – seit knapp einem Jahr macht Florian Sperl das jetzt. Als Präsident des Bundesverbandes Deutscher Gewichtheber. Beim Bundestag des BVDG in Leimen zog der 33-Jährige eine erste Bilanz der Arbeit des Vorstands. „Es macht mir außerordentlich viel Spaß und Freude, unseren wunderbaren Verband und unseren wunderbaren Sport zu vertreten“, erklärte Florian Sperl vor den 14 Delegierten der Landesverbände. „In der Sache diskutieren. Meinungen und Argumente austauschen, aber am Ende des Tages geeint und konstruktiv zum Wohle unseres Sports arbeiten“, beschrieb er seine Arbeitsweise. Nur so sei es möglich, Lösungen für die vielfältigen und komplexen Themen zu finden, die die Gewichtheber in Deutschland und der ganzen Welt meistern müssen. „Wir haben ein gemeinsames Ziel und das ist, unseren geliebten Sport nach bestem Wissen und Gewissen weiterzuentwickeln und für unsere Athletinnen und Athleten die besten Rahmenbedingungen zu schaffen.“
In seiner Rede zählte Florian Sperl die zahlreichen Aufgaben auf, mit denen das Gewichtheben zu kämpfen habe. Zu allererst nannte der BVDG-Präsident die Probleme bei der International Weightlifting Federation (IWF) sowie beim Europäischen Verband EWF und gab einen Einblick in die vielen Themenfelder, die es zu beackern gebe. Wie bereits in zahlreichen Stellungnahmen gegenüber der Presse, in Videos und Schreiben an IWF, EWF und das Internationale Olympische Komitee (IOC), machte Florian Sperl eines klar: „Das Jahr 2021 ist zweifelsohne, dass entscheidendste Jahr für unsere Sportart in seiner Geschichte. Es geht um das Überleben als olympische Sportart seit 1896. Sollten wir aus dem olympischen Programm fallen, fällt unser System in Deutschland zusammen wie ein Kartenhaus. Um das zu verhindern, hat die internationale Thematik beziehungsweise internationale Arbeit für mich oberste Priorität in meiner Arbeit als Präsident.“
Und in diese Arbeit musste sich Florian Sperl sofort nach seiner Wahl stürzen, um gemeinsam mit weiteren Vertreterinnen und Vertretern eine Gruppe von Reformern zu bilden. „Wir sind seit Januar 2021 in ständigem Austausch. Sowohl innerhalb unserer Gruppierung, als auch mit der alten Garde und anderen nationalen Verbänden“, berichtete der BVDG-Präsident. „Ich kann euch versichern, es war keine leichte Zeit. Aufgrund der Vorkommnisse in der IWF gab es keinerlei Welpenschutz. Ich musste sofort und 100prozentig in das Thema einsteigen. Mein Vorgänger Christian Baumgartner hat mich dabei sehr stark unterstützt“, so Florian Sperl. „Am 5.Dezember 2020 wurde ich zum Präsidenten gewählt, bereits am 7. Dezember.2020 wurde vom IOC bekannt gegeben, dass die Sportart Gewichtheben in Paris nur noch 120 Plätze hat“, rief er den Delegierten die schlechten Nachrichten des vergangenen Jahres in Erinnerung. „Wir kommen von 196 Plätzen“, verdeutlichte Florian Sperl die dramatische Entwicklung, die vor allem durch den Bericht der ARD-Doping-Redaktion in Gang gesetzt worden war. So wurden schwerstkriminelle Machenschaften des ehemaligen IWF-Präsidenten Tamas Ajan aufgedeckt. „Ein Mann, der den Ruf unseres Sports massiv und nachhaltig geschädigt hat. Und leider hat sich trotz seines Rücktritts die Situation nicht verbessert. Das Gegenteil ist der Fall.“
Die Gruppe der Reformer habe in einem Offenen Brief an die IWF den Rücktritt der Interimsführung gefordert. Zudem habe er bei jeder sich bietenden Gelegenheit – trotz Corona – das direkte Gespräch gesucht. „Digital kann man nicht in dieser Notwendigkeit und Intensität diskutieren“, begründete der BVDG-Präsident den großen zeitlichen und logistischen Aufwand. „Ich kann euch sagen, dass man
sich dabei nicht nur Freunde macht, sondern auch Gegenwind erhält. Ich kann aber auch sagen, dass mir dieser Gegenwind egal ist, weil ich nicht im persönlichen Interesse handele, sondern ausschließlich für unsere Sportlerinnen und Sportlern. Denn ich möchte ihnen die Chance ermöglichen, sich auch 2028 und 2032 ihren Traum zu erfüllen und bei den Olympischen Spielen dabei zu sein“, benannte Florian Sperl seine Motivation.
Damit die olympische Kernsportart eine Zukunft habe, seien tiefgreifende Reformen nötig. „Das IOC hat mit acht Schreiben im Jahr 2021 der IWF verschiedenste Bedingungen auferlegt“, erklärte der BVDG-Präsident. Maßgeblich sei demnach eine neue Verfassung. „Leider wurde der neue Entwurf bei einem digitalen Kongress Ende Juni nicht von der Mehrheit der Delegierten angenommen, was zu großem Unmut im IOC führte. Wir haben daraufhin in Tokio und in diversen Online-Meetings neu verhandelt. Ende August wurde in Doha/Katar mit 93 Prozent die neue Verfassung angenommen. Das war ein sehr wichtiges Zeichen gegenüber dem IOC“, berichtete Florian Sperl.
Neben der Reform der Verfassung sei aus Sicht des IOC unabdingbar, neues Personal einzusetzen. „Wir brauchen Menschen, die im Sinne unseres Sports handeln“, erklärte der BVDG-Präsident. Für die am 20. und 21. Dezember in Usbekistans Hauptstadt Taschkent angesetzten Neuwahlen ist der deutsche Verband bereit, Verantwortung zu übernehmen. So bewirbt sich Florian Sperl um einen der Posten als Vizepräsident. „U-20-Bundestrainer Michael Vater kandidiert für die Trainerkommission und Karl Rimböck für die Technische Kommission“, gab Florian Sperl bekannt. Neben ihm ist auch Leistungssportreferentin Sylvie Müller als offizielle Vertreterin des Verbandes dort stimmberechtigt.
Florian Sperl forderte die Delegierten des Bundestages in Leimen auf, sich auch bei einem weiteren Punkt Gedanken um die Zukunft des Gewichthebens zu machen. „Man hat nicht zuletzt bei den Olympischen Sommerspielen Tokio gesehen, dass unsere Sportart in Teilbereichen dringend Veränderungen braucht. Wie kann es sein, dass in einer Gruppe acht Athletinnen und Athleten antreten und dafür rund 15 Offizielle notwendig sind“, fragte er. „Ebenso halte ich die Nachdrückregel, das Oszillieren und Ähnliches für nicht mehr zeitgemäß. Das sollte angepasst werden“, stellte der BVDG-Präsident klar und erzählte von einem persönlichen Erlebnis: „In Tokio habe ich gemeinsam mit DOSB Präsident Alfons Hörmann und dem Präsidenten des Internationalen Tischtennis-Föderation, Thomas Weikert Wettkampf von Nico Müller verfolgt. Da kam völlig zu Recht von beiden Funktionären die Frage, warum die Versuche nun ungültig seien – das Gewicht sei doch über dem Kopf!“
Dies sei die technische Seite möglicher Veränderungen. Florian Sperl bat zusätzlich, sich über neue Formate Gedanken zu machen. „Ich hatte in Tokio die Gelegenheit, mit verschiedensten IOC-Mitgliedern und auch mit Kit McConnel, dem IOC Sportdirektor, zu sprechen. Das IOC und der Sport generell fordern mehr gemeinsame Wettbewerbe von beiden Geschlechtern. Das bedeutet, dass viele Sportarten im Mixed-Format ausgetragen werden. Das hilft dabei, sie moderner und attraktiver zu gestalten. Solche Mixed-Formate müssen auch wir uns als traditioneller Sport überlegen und langfristig anbieten“, ist sich der BVDG-Präsident sicher. Trotz aller Hindernisse sieht er das Gewichtheben in Deutschland gut aufgestellt: „Wir sind auf einem guten Weg. Wir haben eine neue Verfassung und wir werden einen neuen IWF-Vorstand haben. Das IOC hat sich bisher auf keiner Sitzung geäußert. Das werte ich als gutes Zeichen. Ich bin sicher, das IOC wartet die Neuwahlen ab und entscheidet dann, wie es weitergeht.“
Neben den erwähnten massiven Problemen im Weltverband macht auch die EWF dem BVDG-Präsidenten Sorgen. „Im April fand Hasan Akkus eine Mehrheit und wurde zum Präsidenten gewählt
– wir Stimmberechtigten des BVDG haben gegen ihn votiert“, berichtete Florian Sperl. Die Gründe lieferte der 33-Jährige gleich mit: „Akkus lässt aufgrund von Verstößen gegen Anti-Doping-Bestimmungen sein Amt ruhen. Die International Testing Agency ITA hat über 146 unklare Dopingvorfälle berichtet.“ Interimspräsident sei jetzt Maxim Agapitov, der Präsident des russischen Gewichtheberverbandes. „Aber auch Maxim Agapitov beweist einen großen Mangel an Kommunikation und Zusammenarbeit und zeigt sich als völlig ungeeignet für dieses Amt“, warnte Florian Sperl. „Auf dem EWF-Kongress im September in Finnland wurde Agapitov das Misstrauen ausgesprochen“, berichtete der BVDG-Präsident. Für das IOC sei Agapitov eine Persona non grata. „Es wäre alles andere als klug, ihn nochmals zu wählen“, warnte Florian Sperl. „Zumal er sich als Präsident der IWF bewirbt.“ Beide Abstimmungen finden im Rahmen des IWF-Treffens Mitte Dezember statt. Doch aus Sicht der deutschen Gewichtheber gebe es auch absolut Positives zu vermelden. „Bei den Wahlen des EWF wurde Patrick Fassott zum neuen Vizepräsidenten der EWF gewählt. Ich freue mich sehr über diesen Vertrauensbeweis und gratuliere nochmals ganz herzlich“, so Florian Sperl.
Als Präsident des BVDG hat Sperl Sitz und Stimme im Deutschen Olympischen Sportbund. So dass der 33-Jährige den Bundestag nutzte, um die Delegierten über die kommenden Schritte bei der Neubesetzung der Vorstandsposten im Dezember zu informieren. Und Florian Sperl bezog direkt Stellung für einen der Kandidaten: „Thomas Weikert, der Präsident des Tischtennisweltverbandes, hat seinen Hut in den Ring geworfen für das Amt des DOSB Präsidenten. Thomas Weikert ist äußerst erfahren und noch dazu hat er mir den Kontakt zum IOC hergestellt. Er hat somit mich und uns als BVDG massiv unterstützt und daher bitte ich auch euch, Thomas Weikert und seine neue Mannschaft zu unterstützen.“
Außerdem bat Florian Sperl beim Schwerpunkt „BVDG intern“, darum, dass die Landesverbände Verantwortliche für die wichtige Präventionsarbeit gegen sexualisierte Gewalt berufen. „Im Bundesverband haben wir mit Elisabeth Oehler und Tom Schwarzbach zwei Ansprechpartner.“ Diese stünden für Rückfragen, Rat und Hilfe bereit.